Wie wirken hohe Proteinmengen auf die Nierengesundheit?

Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. - Sektion Niedersachsen

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Zweites Manuskript der Protein-Leitlinie der DGE erschienen

In der wissenschaftlichen Fachzeitschrift European Journal of Nutrition wurde jetzt im Rahmen der evidenzbasierten Protein-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) das Manuskript zu Proteinzufuhr und Nierensteinen und -erkrankungen veröffentlicht. In dieser Übersichtsarbeit untersuchten die Autor*innen wie Veränderungen der Proteinzufuhr die Nierenfunktion beeinflussen.

Der aktuelle Referenzwert für die Proteinzufuhr liegt für Erwachsene zwischen 19 und 65 Jahren bei 0,8 g/kg Körpergewicht/Tag und erhöht sich ab 65 Jahren auf 1,0 g/kg Körpergewicht/Tag. Seit Jahrzehnten wird die Rolle von Proteinen im Zusammenhang mit Nierenerkrankungen erforscht. Bisher ist jedoch nicht geklärt, ob eine langfristig höhere Proteinzufuhr bei gesunden Erwachsenen die Nierenfunktion beeinträchtigt. In dieser Übersichtsarbeit wurde jetzt die verfügbare Evidenz geprüft, inwieweit eine hohe Proteinzufuhr (> 0,8 g/kg Körpergewicht/Tag) Einfluss auf Nierenerkrankungen sowie nierenfunktionsbezogene Parameter hat. Die wichtigsten Parameter zur Beurteilung der Nierenfunktion sind die Albuminausscheidung im Urin (Albuminurie) und die glomeruläre Filtrationsrate (GFR).

Derzeit keine Evidenz, dass hohe Proteinzufuhr das Risiko für Nierensteine oder -erkrankungen erhöht
Die Proteinzufuhr der neun in die Auswertung einbezogenen Studien lag zwischen 1,0 und 3,3 g/kg Körpergewicht/Tag. Zu den untersuchten Erkrankungen (Endpunkte) zählten chronische Nierenerkrankungen, Nierensteine und die nierenfunktionsbezogenen Parameter Albuminurie, GFR, Serumharnstoff, pH-Wert im Urin sowie Calciumausscheidung im Urin. Insgesamt ergab sich für die meisten dieser Endpunkte kein Zusammenhang mit einer höheren Proteinzufuhr. Eine hohe Proteinzufuhr ist zwar wahrscheinlich mit einer erhöhten Calciumausscheidung im Urin – einem Risikofaktor für die Bildung von Calciumsteinen – verbunden. Allerdings zeigt die Gesamtevidenz keinen Zusammenhang zwischen der Proteinzufuhr und dem Risiko für das Auftreten von Nierensteinen.

Für sichere Aussagen fehlen Langzeitstudien
Die meisten der analysierten Studien sind jedoch von eher kurzer Dauer, so dass Langzeitfolgen über Jahrzehnte derzeit nicht beurteilt werden können. „Wir können nicht endgültig beurteilen, ob eine langfristig hohe Proteinzufuhr Parameter für Nierenerkrankungen beeinflusst“, sagt DGE-Präsident Prof. Bernhard Watzl. „Wir brauchen unbedingt Langzeitstudien, um herauszufinden, ob die Albuminausscheidung tatsächlich nicht ansteigt und die glomeruläre Filtrationsrate im Alter nicht sinkt, wenn die Proteinzufuhr die aktuellen Empfehlungen über einen Zeitraum von Jahrzehnten übersteigt. Erst dann ist es möglich, Aussagen über höhere Proteinzufuhrmengen als quasi sicher einzustufen“.

Mit der Erarbeitung der evidenzbasierten Protein-Leitlinie setzt die DGE Aspekte aus dem Papier „Perspektiven für die Ernährungsforschung 2022“ um. Die Weiterentwicklung von Ernährungsempfehlungen sowie die kontinuierliche Überprüfung dieser ist eines von sieben drängenden Themenfeldern für eine zukunftsorientierte und interdisziplinäre Ernährungsforschung, die so ihren Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen leisten kann.

Hintergrundinformation
Die DGE-Leitlinie „Proteinzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Krankheiten“ (kurz: Protein-Leitlinie) behandelt die Frage, welche Beziehung zwischen der Quantität und der Qualität (tierisches vs. pflanzliches) von Protein in der Ernährung und den Endpunkten kardiovaskuläre Erkrankungen, Typ-2 Diabetes mellitus, Krebs, Knochengesundheit, Muskelgesundheit, Nierengesundheit, Blutdruck sowie Körpergewichtsstabilität in der Allgemeinbevölkerung besteht. Zu den genannten Endpunkten veröffentlicht die DGE sukzessive einzelne Manuskripte, die abschließend in einer Gesamtempfehlung zusammengefasst werden. Die Federführung der Leitlinienkommission obliegt Prof. Dr. Bernhard Watzl.

Quelle:  Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., Nachrichten vom 13.07.2023